Knapp zehn Minuten und einen Verband um Arianas Unterarm später, war das Rudel bis auf Stands-in-Moonlight und Old Prankster abgezogen. Oder Iara und Hugh, wie sie sich Ariana und Marlin inzwischen vorgestellt hatten, nachdem es vorhin in der Hogan kurz angebunden bei den Spirit-Namen geblieben war. Und nicht einmal die hatten sie vom gesamten Rudel erfahren.
Ariana stieg in den Pickup, um sich von den beiden Wendigo auf den Stellplatz einweisen zu lassen und auch Marlin krabbelte auf den Beifahrersitz, um nicht alleine mit den zwei Fremden bleiben zu müssen. Ariana saß noch nicht ganz, als ihr Blick auf die Konsole über dem Armaturenbrett fiel.
„Oh, for fucks sake,“ entfuhr es ihr. Auch Marlin sah dorthin und das Bild war wirklich bizarr. Oder vielleicht auch nicht, wenn man die Ereignisse der letzten Tage insgesamt betrachtete.
Irgendwie – wie auch immer – hatte Zyx eine Puppen-Gartenliege auf die Konsole geschleppt aufgeklappt. Sie hing nun lässig im Stoffbezug und angelte sich mit dem Schwanz einen Mehlwurm aus einer Dose, wohl ermangelns Popcorn, bei der sich Marlin sicher war, Ariana hatte sie im Handschuhfach verstaut gehabt. Als xies die Klappe überprüfte, bemerkte xies auch, dass dessen Verschluß nicht, oder nicht wieder, eingerastet war.
Ariana schnaubte. „Ich hoffe, du hast dich gut unterhalten gefühlt.“
Wenn Grasnattern grinsen würden, Zyx hätte wohl ein dreckiges Grinsen gezeigt. Ariana schnappte sich die Gartenliege mitsamt Schlange und stellte beides in Zyx Grasschale ab. Die Dose Mehlwürmer drehte sie zu und reichte sie Marlin, xier sie mit einem entschuldigenden Blick zu Zyx erneut im Handschuhfach verstaute.
Ariana schüttelte den Kopf und startete den Pickup.
Eine halbe Stunde später hatte das Haus seinen vorläufigen Standplatz gefunden. Zumindest für zwei Tage. Auch Iara und Hugh hatten sich verabschiedet, hatten sich gerade noch so in Blickweite in Wolfsform gewandelt und waren dem restlichen Rudel gefolgt. Marlin hatte ihnen noch einen Moment hinterherstarren müssen, bevor sie Ariana mit Beschlag belegte. Mit einer Checkliste in der Hand durfte xies drinnen alles wohnbereit machen, während Ariana dem Häuschen draußen mit Wagenhebern, Brettern und Unterlegkeilen einen sicheren Stand gab, die Solarpaneele aufstellte und einen Tank für das Grauwasser anschloss. Denn, wie sie Marlin sagte, hatte sie keine Lust mehr gehabt, mit den Garou zu diskutieren, ob denn wirklich alle ihre Shampoos, Duschgels und Waschmittel problemlos biologisch abbaubar waren und sie das Grauwasser direkt in den Wald ablassen konnten. Ariana bestand dennoch darauf, dass sie es waren.
Das Ariana vorankam, spürte Marlin daran, wie sich das Häuschen bei xies Schritten weniger zu bewegen begann, bis es sich irgendwann trotz des weichen Waldbodens verhältnismäßig stabil anfühlte.
Irgendwann war Marlin dann auch fertig und xies hielt Ausschau nach der Gastgeberin, die immer noch nicht von draußen reingekommen war.
Nach ein paar Minuten ging Marlin nachsehen. Xies fand Ariana an der stärker bewaldeten Seite des Häuschens, mit der Stirn gegen die Hauswand gelehnt.
Marlin schluckte.
Hatte sie jemand angegriffen? Und wenn ja? Xies wusste beim besten Willen nicht, wie xies reagieren sollte. Wie xies sich schützen sollte, wenn da etwas war, dass sogar eine erfahrene oder erfahrenere Magierin angreifen konnte. Xies stupste Ariana vorsichtig am Arm. Nichts.
Xies stupste nochmal. Etwas fester.
Nun hörte man von Ariana ein etwas verschlafenes Brummeln.
Marlin hatte ein ‚echt jetzt?‘ auf der Zunge liegen. Gleichzeitig war xies erleichtert, dass Ariana nur zu schlafen schien. Aber … hier?
Xies schüttelte die Magierin. Nun endlich schien Ariana aufzuwachen und sie sah Marlin schlaftrunken an. “ ‚Schmussinsbett.“
Marlin nickte.
Dann wankte sie ums Häuschen herum und schaffte es gerade noch ihre Schuhe auf der Miniveranda vor der Eingangstür auszuziehen und in ein kleines Regal zu stellen, dass Marlin dort dem Plan gemäß aufgestellt hatte. Mehr schlafend als wach trat sie ein und kletterte kurz darauf die Leiter zu ihrem Loft hoch. Als Marlin leise die Treppe in das Loft mit dem Gästebett hinaufstieg sah xies, dass Ariana es gerade so zu ihrer Matratze geschafft hatte. Zum Ausziehen hatte es nicht mehr gelangt und auch ihre Füße ragten über den Matratzenrand hinaus.
Nach einem kurzen Zögern stieg xies die Treppe wieder hinunter und die Leiter hinauf. Vorsichtig manövrierte xies sich um die Füße Arianas herum um die Decke zumindest soweit unter ihr hervorzuzupfen, dass xies sie über sie legen konnte.
Einige Zeit später starrte Zyx die Magierin frustriert an. Um ihr mit dem schlagzeugtrainierten Grasnatternschwanz einen Hieb auf die Wange zu geben. Nichts. Zyx versuchte es nochmal und nochmal. Nichts. Mit der Schwanzspitze schob die Grasnatter schließlich ein Augenlid Arianas auf, und ließ es wieder zufallen. Für einen Moment musterte sie ihren Schwanz – Einer – dann Arianas Augen – Zwei – um schließlich ein Auge erneut mit dem Schwanz aufzuschieben und das andere Lid mit dem zahnlosen Maul zu packen und aufzuziehen.
Jetzt endlich reagierte Ariana. Sie setzte sich abrupt auf und fing den Körper, der nun von ihrem Augenlid hängenden Grasnatter auf. Zyx ließ sich in Arianas Hand fallen und ruckte dann mit den Kopf zum anderen Loft hin.
Ariana folgte dem Deut der Schlange mit ihrem Blick und sie lauschte in die Dunkelheit hinein. Jetzt hörte sie, weswegen Zyx sie vermutlich geweckt hatte. Von dort erklang leises, vermutlich durch ein Kissen gedämpftes, Schluchzen.
Ariana legte sich die Schlange mit einer Bewegung um den Hals und sah an sich herunter. Noch nicht ausgezogen. Nun, um so besser wohl für den Moment. Auf nylonbestrumpften Füßen stieg sie ihre Leiter herunter und die direkt gegenüberliegende Treppe zum zweiten Loft hinauf. Sie schlich zum Marlins Gästebett und ließ sich daneben nieder. Vorsichtig legte sie die Hand auf die Schulter Marlins, xier leicht zusammenzuckte.
„Ich bin es. Du bist nicht alleine, Marlin.“