Ariana sah nun auf. „Bei allem Respekt … wir sind ihre Gäste und ich gedenke mich, dementsprechend zu verhalten und jedem angemessenen Wunsch entgegenzukommen. Aber Marlin ist meine Verantwortung und ich werde xies nicht in Gefahr bringen, wenn es keine guten Gründe dafür gibt. Und ich stehe nicht unter ihrem Befehl, Sir.“
Bevor der Anführer etwas sagen konnte, war Marlin selbst zu hören.
„Aber ich möchte gerne helfen, wenn ich kann.“
Ariana atmete ein und sah kurz zu den Garou, dann zu Marlin. „Marlin, ich sage nicht ‚es könnte gefährlich werden‘. Denn wenn eine Theurge, die vermutlich nicht gerade gestern aus dem Nest gefallen ist,“ sie blickte kurz zu Nascha, Chants-At-Sunrise, die leicht den Kopf neigte, „… nicht in der Lage ist, den Schleier über den Ereignissen zu lüften, dann ist etwas Starkes am Werk. Und wenn nichts Starkes am Werk wäre, ich bin mir sicher man hätte uns nicht gefragt.“
Ihr lag eine andere Formulierung auf der Zunge, aber die schluckte sie lieber herunter. „Das bedeutet, es wird gefährlich werden und es sind Gefahren, die du dir bisher nicht einmal ansatzweise vorstellen kannst. Bist du sicher, dass du nicht lieber hier bleiben willst?“
Marlins Stimme klang belegt. „Du meinst, wenn es in dieser Welt, dieser … magischen … Welt Leute gibt, die meine Mutter mit einem Fingerschnipsen und ohne Skrupel töten, kann ich mir immer noch nicht vorstellen, wie gefährlich es werden kann?“
„Ja.“ Ariana nickte und auch Mai ließ sich hören, was ihr wieder einen düsteren Blick des Anführers einbrachte. „Sie hat sehr wahrscheinlich recht.“
„Aber es ist trotzdem meine Entscheidung, oder?“
Ariana schickte einen hilfesuchenden Blick zu Mai, dann zu Iara, dann zu Old Prankster. Doch gerade der nickte ihr nur leicht zu. „Es ist jetzt auch die Welt deines Schützlings und wenn du – Marlin, ja? – davon weghältst … es wird nicht viel Gutes dabei herauskommen. Wie soll Marlin gegen die Gefahren bestehen, ohne sie kennengelernt zu haben? War denn dein Erwachen sanft? Rücksichtsvoll? Hat man dich in Ruhe eingeführt?“
„Nein, aber …“
„Chants-At-Sunrise und Raven Blade haben sich heute Nacht bei den Spirits umgehört, weißt du? Dass du daran beteiligt warst, unseren älteren Brüdern verlorenes Land zurückzubringen, hat einige von uns ihre Ansicht … überdenken lassen ,“ sein Blick lag kurz auf dem Anführer. „Aber trifft es zu, dass du zwischen drei verwundete Garou und zwei Banes getreten bist, obwohl du den Zauber, den du uns gestern gezeigt hast, noch nicht gemeistert hattest? Und hast du so sie gerettet und deinen Leuten den Rücken freigehalten, um sie zu versorgen?“
Ariana musterte ihre Hände. „Ja.“
„Möchtest du lieber, dass Marlin der ersten Gefahr begegnet, ohne jemanden Erfahrenes an der Seite zu haben?“
„Natürlich nicht!“
„Also?“ Old Prankster, Hugh, öffnete die Hände.
Ariana sah zu Marlin. Dennoch hoffend, dass xies die vernünftige Wahl treffen und zurückbleiben würde.
„Ich möchte gerne helfen, wenn ich kann,“ sagte Marlin aber, stattdessen.
Ariana seufzte und ließ die Schultern sacken. Dann nickte sie und blickte zum Anführer. „In Ordnung. Aber ich denke, umgekehrt, wäre es fair, wenn wir zumindest den Namen des Mannes erfahren würden, der uns anführen wird.“ Ihre Stimme klang nun vielleicht etwas kühler.
„Winter Keeper,“ kam die knappe Antwort.
Immer noch kein Vorname, aber immerhin. Ariana neigte den Kopf.
Der Garou erhob sich, hatte dabei aber die Deckenhöhe, oder eher die Fehlende, doch etwas unterschätzt. Sein Kopf stieß mit einem unangenehmen Geräusch mit der Holzdecke zusammen.
Ariana kniff mitfühlend die Augen zusammen und Marlin, xies hatte die Erfahrung auch nach der ersten Nacht gemacht, sog Luft ein. Sein Rudel starrte kurz, bemühte sich dann aber auch ihm zu folgen, während er sich den Weg zwischen den Noch-Sitzenden hindurch suchte und mit der verbleibenden zusammengerafften Würde die Treppe hinunterstieg. Ohne einen Kommentar dazu, dass Iara und Grim Heart in der Zwischenzeit die Schale mit den Macarons geleert hatten und Grim Heart den letzten Krümel gemütlich in den Mund stopfte, bevor sie dem Anführer des Rudels folgte. Nicht ohne sich bei Ariana herunterzubeugen und die überraschte Magierin zu drücken. „Ich freu mich schon. Wird sicher lustig.“
„Äh. Ja. Sicher,“ stammelte Ariana.
Wenige Sekunden später atten die Garou das Häuschen verlassen und von draussen hörte man, wie der Vintage Alfa Romeo gestartet wurde. Ariana ließ den Blick über die verbliebenen Tassen und Schalen schweifen.
„Lass uns abwaschen. Dabei können wir mit der ersten Lektion anfangen.“